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Barrierefreier Umbau im Wohnhaus: Anforderungen, Planung und Förderung 2025


Barrierefreier Umbau im Wohnhaus: Anforderungen, Planung und Förderung 2025
Dez, 29 2025

Wenn du in deinem Zuhause älter wirst, eine Behinderung bekommst oder ein Familienmitglied auf Unterstützung angewiesen ist, dann wird dein Wohnhaus plötzlich zu einem Hindernisparcours. Türschwellen, enge Badezimmer, hohe Fensterhebel - Dinge, die früher keine Rolle spielten, werden jetzt zur Frage von Sicherheit und Selbstständigkeit. Ein barrierefreier Umbau verändert das nicht nur, es macht es möglich. Es geht nicht darum, ein Krankenhaus einzurichten. Es geht darum, dass du weiterhin selbst entscheiden kannst, wo du dich hinsetzt, wie du duscht, ob du die Tür öffnest - ohne auf Hilfe angewiesen zu sein.

Was genau ist ein barrierefreier Umbau?

Ein barrierefreier Umbau ist keine bloße Renovierung. Es ist eine gezielte Umgestaltung deiner Wohnung, damit sie für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Seh- oder Hörbehinderung, aber auch für ältere Menschen oder Eltern mit Kinderwagen nutzbar bleibt. Die Grundlage dafür ist die DIN 18040-2. Diese Norm ist nicht freiwillig. Sie ist in fast allen deutschen Landesbauordnungen verankert, auch in Bayern und Baden-Württemberg. Wer baut oder umbaut, muss sie einhalten - besonders wenn Fördergelder beantragt werden.

Das Ziel ist einfach: Unabhängigkeit. Du sollst dich in deiner Wohnung bewegen können, ohne jemanden um Hilfe bitten zu müssen. Das gilt für den Gang zur Toilette, die Dusche, das Öffnen der Tür oder das Bedienen des Lichtschalters. Es geht nicht um Luxus, sondern um Funktion. Und es geht nicht nur um heute, sondern um morgen. Denn wer heute fit ist, kann morgen eine Operation, einen Unfall oder altersbedingte Einschränkungen erleben.

Die vier Grundanforderungen - was muss passieren?

Die DIN 18040-2 legt vier zentrale Anforderungen fest, die jeder barrierefreie Umbau erfüllen muss:

  • Schwellenfreiheit: Keine Stufen, keine Kanten, keine Unebenheiten. Nicht nur im Eingangsbereich, sondern auch zwischen Küche, Wohnzimmer und Badezimmer. Selbst eine 1,5 cm hohe Türschwelle kann für einen Rollstuhl oder Rollator zum Hindernis werden.
  • Bewegungsräume: Du brauchst Platz, um dich zu drehen. Ein Rollstuhl braucht mindestens 150 cm Durchmesser für eine 360-Grad-Wendung. Türen müssen mindestens 90 cm breit sein, besser 100 cm. Flure sollten mindestens 120 cm breit sein - sonst klappt es mit dem Vorbeigehen nicht.
  • Bedienbarkeit: Alle Bedienelemente müssen leicht zu erreichen und ohne Kraftaufwand zu bedienen sein. Türklinken, Wasserhähne, Lichtschalter, Fensterhebel - alles sollte mit der flachen Hand, einem Ellenbogen oder sogar mit der Faust zu bedienen sein. Knauf-Griffe sind tabu. Hebelgriffe sind Pflicht.
  • Sicht- und Hörbarkeit: Für Sehbehinderte: Kontrastreiche Farben an Treppen, Leitstreifen am Boden, taktile Markierungen. Für Hörgeschädigte: Blinklichter an Türklingel und Telefon, Vibrationsalarme bei Rauchmeldern. Kein Geräusch, kein Licht - das kann lebensgefährlich sein.

Der Badezimmer-Knackpunkt - der wichtigste Raum

Wenn du nur einen Raum barrierefrei machen kannst, dann mache das Badezimmer. Hier lauern die größten Risiken: rutschige Fliesen, hohe Badewannen, keine Haltegriffe. Ein Sturz hier kann dein Leben verändern - oder beenden.

Die DIN 18040-2 schreibt vor:

  • Eine bodengleiche Dusche ohne Schwelle - kein Eintritt, kein Herausheben.
  • Haltegriffe an Wand und Dusche, fest verankert, belastbar bis 150 kg.
  • Ein WC mit seitlichem Freiraum von mindestens 70 cm, damit ein Rollstuhl anfahren kann.
  • Waschbecken mit freiem Unterspace, damit du im Rollstuhl daran heranfahren kannst.
  • Keine spitzen Ecken, keine losen Kabel, keine rutschigen Böden. Anti-Rutsch-Beläge sind Pflicht.

Ein typischer Fehler: Menschen denken, eine Badewanne mit Sitz und Griff reicht. Aber wer im Rollstuhl sitzt, kommt nicht hinein. Eine bodengleiche Dusche ist die einzige echte Lösung. Und sie ist teurer? Ja. Aber sie ist die einzige, die langfristig funktioniert.

Eingang mit rampenförmiger Zufahrt und breiter Tür, führt von der Straße ins Haus.

Zugänge und Treppen - wie kommst du rein und rauf?

Ein barrierefreies Zuhause beginnt am Eingang. Wenn du vom Straßenrand bis zur Wohnungstür drei Stufen überwinden musst, dann ist dein Zuhause nicht barrierefrei - egal wie gut das Badezimmer ist.

Der Eingangsbereich muss:

  • Schwellenfrei sein - auch zwischen Außenbereich und Vorraum.
  • Einen flachen, festen Boden haben. Kieswege, Rasen oder unebene Terrassen sind ungeeignet. Beton, Asphalt oder fest verlegte Platten sind ideal.
  • Eine breite Eingangstür haben - mindestens 90 cm, besser 100 cm.
  • Eine ausreichende Beleuchtung und einen wettergeschützten Eingangsbereich haben.

Wenn du Treppen hast, gibt es zwei Lösungen: Rampen oder Treppenlifte.

  • Rampen: Brauchen viel Platz. Die Neigung darf maximal 6 % betragen. Das heißt: Für 10 cm Höhenunterschied brauchst du über 1,60 m Länge. Für mehrere Stockwerke wird es schnell unpraktisch.
  • Treppenlifte: Sind die praktischere Lösung. Die Mindestlaufbreite der Treppe sollte 110 cm betragen. Schmalere Treppen sind für normale Nutzer schon schwierig - für jemanden mit Hilfsmittel unmöglich. Ein Sitzlift kostet zwischen 8.000 und 15.000 €, je nach Treppe und Ausstattung.

Ein zweiter Handlauf an der Treppe ist nicht nur sinnvoll - er ist in vielen Fällen Pflicht. Und er muss auf beiden Seiten installiert werden, wenn die Treppe breit genug ist.

Planung in fünf Schritten - so gehst du vor

Ein barrierefreier Umbau ist kein Heimwerkerprojekt. Du brauchst einen Plan. Und zwar einen richtigen.

  1. Bedarfsanalyse: Wer lebt in der Wohnung? Wer hat welche Einschränkung? Wird sich das in 5, 10 Jahren ändern? Geht es um eine vorübergehende Verletzung oder eine dauerhafte Behinderung? Frag nicht nur den Betroffenen - frag auch die Pflegekräfte, Ärzte oder Therapeuten.
  2. Maßnahmenliste: Was ist wirklich nötig? Was ist sinnvoll? Was kannst du später nachrüsten? Eine Türschwelle zu entfernen ist schnell gemacht. Einen Aufzug einzubauen ist ein Jahr Arbeit. Priorisiere.
  3. Bestandsaufnahme: Lass einen Architekten oder Bauingenieur mit Erfahrung im barrierefreien Bauen die Wohnung begutachten. Er prüft Tragwerke, Leitungen, Wandstärken. Manche Wände kannst du nicht einfach rausnehmen. Manche Rohre lassen sich nicht verschieben. Das musst du vorher wissen.
  4. Zugang und Raumverteilung: Wie kommst du von außen rein? Wie bewegst du dich durch Flur, Küche, Bad? Wo brauchst du mehr Platz? Wo kannst du Wände versetzen? Hier geht es um den gesamten Fluss der Bewegung - nicht um Einzelmöbel.
  5. Finanzierung und Förderung: Das ist der entscheidende Schritt. Ohne Förderung ist ein Umbau oft nicht machbar. Die KfW fördert barrierefreie Umbauten mit bis zu 12.500 € pro Wohneinheit. Personen mit Pflegegrad 2 oder höher können zusätzlich bis zu 4.000 € von der Pflegekasse bekommen. Die Förderung ist abhängig von der Einhaltung der DIN 18040-2. Ohne Nachweis - kein Geld.

Förderung: Woher kommt das Geld?

Viele denken, ein barrierefreier Umbau ist zu teuer. Das stimmt - wenn du alles auf einmal machst. Aber die Förderung macht es machbar.

  • KfW-Programm 455-B: Bis zu 12.500 € Zuschuss für Maßnahmen, die die Wohnqualität verbessern und die Barrierefreiheit erhöhen. Voraussetzung: Die Arbeiten müssen nach DIN 18040-2 erfolgen. Du bekommst das Geld nach Abschluss der Arbeiten, nicht vorher.
  • Pflegekasse (Pflegegrad 2-5): Bis zu 4.000 € Zuschuss pro Maßnahme, max. 16.000 € im Leben. Das gilt für Badezimmer, Treppenlifte, Türverbreiterungen - alles, was die Pflege erleichtert. Du musst einen Antrag stellen, bevor du beginnst.
  • Wohngeld oder Sozialhilfe: Wenn du Einkommensgrenzen unterschreitest, kannst du auch über das Sozialamt oder das Jobcenter Unterstützung beantragen.
  • Steuerliche Absetzbarkeit: Handwerkerleistungen kannst du bis zu 6.000 € pro Jahr als Sonderausgabe von der Steuer absetzen. Das ist kein Zuschuss, aber eine Entlastung.

Wichtig: Du musst die Förderanträge vor dem Beginn der Arbeiten stellen. Keine Nachträge. Keine Ausnahmen. Und du brauchst immer einen Nachweis: Rechnungen, Fotos, Pläne, die zeigen, dass die DIN-Norm eingehalten wurde.

Zeitliche Entwicklung eines barrierefreien Zuhauses von der Planung bis zur smarten Nutzung.

Was du nicht vergessen darfst

Einige Dinge werden oft übersehen - mit Folgen:

  • Steckdosen und Lichtschalter: Sie müssen zwischen 85 und 120 cm Höhe liegen. Keine 140 cm - das ist für einen Rollstuhlfahrer unerreichbar.
  • Spiegel: Sie müssen schräg angebracht sein, damit man auch im Rollstuhl sein Gesicht sieht.
  • Waschmaschine und Trockner: Sie sollten höhenverstellbar sein oder mit einer Ablage vorne versehen werden, damit du sie nicht anheben musst.
  • Smart-Home-Technik: Sprachsteuerung für Licht, Heizung, Jalousien, Türklingel - das wird immer wichtiger. Es ersetzt nicht Haltegriffe, aber es macht den Alltag einfacher.
  • Wohnraumverkleinerung: Manche Maßnahmen nehmen Platz weg. Ein breiterer Flur, ein größeres Badezimmer - das bedeutet weniger Platz in anderen Räumen. Das musst du im Vorfeld abwägen.

Was du nicht machen solltest

Viele versuchen, das Geld zu sparen - und scheitern dann.

  • Nicht nur eine Türschwelle entfernen und glauben, das reicht. Barrierefreiheit ist ein System. Wenn du die Tür schaffst, aber das Badezimmer nicht, hast du nichts gewonnen.
  • Nicht ohne Fachplaner arbeiten. Ein Architekt oder Bauingenieur mit Erfahrung in barrierefreiem Bauen sieht, was du nicht siehst. Er kennt die Norm, die Tragwerke, die Rohre. Ohne ihn riskierst du teure Fehler.
  • Nicht auf Förderung warten, bis du schon gebaut hast. Die KfW und die Pflegekasse zahlen nur, wenn du vorher angemeldet hast. Keine Ausnahmen.
  • Nicht nur an die eigene Situation denken. Was ist, wenn dein Kind mit Behinderung später bei dir wohnt? Was ist, wenn du selbst mal einen Schlaganfall hast? Plan für die Zukunft - nicht nur für heute.

Was kommt als Nächstes?

Die Nachfrage nach barrierefreiem Wohnen steigt. Bis 2030 wird sie laut Statistischem Bundesamt um 40 % wachsen. Die Bundesregierung fördert das aktiv. Und die Technik macht es einfacher: Smart-Home-Systeme, automatische Türen, Sprachsteuerung - all das wird Teil des Standards. Barrierefreiheit wird nicht mehr als Ausnahme gesehen, sondern als Normalität.

Du musst jetzt nicht alles perfekt machen. Aber du kannst anfangen. Mit einem Handlauf im Bad. Mit einer schwellenfreien Dusche. Mit einem breiteren Türdurchgang. Jeder Schritt zählt. Und jeder Schritt gibt dir mehr Freiheit - nicht nur heute, sondern auch morgen.

Was kostet ein barrierefreier Umbau im Wohnhaus?

Die Kosten variieren stark. Eine einfache Türschwelle zu entfernen kostet 300-800 €. Ein bodengleicher Duschbereich mit Haltegriffen und Anti-Rutsch-Belag liegt bei 5.000-10.000 €. Ein Treppenlift kostet 8.000-15.000 €, ein Aufzug ab 30.000 €. Ganzheitliche Umbauten mit mehreren Maßnahmen liegen oft zwischen 20.000 und 50.000 €. Die Förderung durch KfW und Pflegekasse deckt oft 50-80 % ab.

Muss ich die DIN 18040-2 einhalten, wenn ich nicht fördern lasse?

Nein, wenn du dein eigenes Haus umbaust und keine öffentlichen Fördermittel nutzt, ist die Einhaltung der DIN 18040-2 nicht gesetzlich verpflichtend. Aber: Wenn du später verkaufst oder vermietest, wird der Käufer oder Mieter genau darauf achten. Und wenn du später doch Hilfe brauchst - etwa durch Pflegebedürftigkeit - dann ist ein nicht barrierefreies Zuhause eine Belastung für dich und deine Angehörigen. Die Norm ist kein Gesetz, aber eine Lebensversicherung.

Kann ich einen barrierefreien Umbau in einer Mietwohnung machen?

Ja, aber nur mit Zustimmung des Vermieters. Du kannst die Kosten selbst tragen, und der Vermieter muss dir den Umbau erlauben - besonders wenn du Pflegebedürftigkeit hast. Nach dem Mietrecht hast du ein Recht auf angemessene Anpassungen. Du musst den Zustand am Ende der Mietzeit nicht wieder herstellen, wenn du den Umbau als dauerhaft und sinnvoll bezeichnest. Viele Vermieter unterstützen das, weil es die Wohnung zukunftssicher macht.

Wie finde ich einen Fachmann für barrierefreien Umbau?

Suche nach Architekten oder Bauunternehmen, die explizit "barrierefreies Bauen" oder "Wohnraumanpassung" anbieten. Die KfW hat eine Liste zertifizierter Fachplaner. Auch der Bundesverband für barrierefreies Bauen (BSB) oder die Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik (DGG) vermitteln Experten. Frag nach Referenzen - und bitte um konkrete Beispiele, wo sie bereits nach DIN 18040-2 gebaut haben.

Wann ist der beste Zeitpunkt, um mit einem barrierefreien Umbau zu beginnen?

Jetzt. Nicht, wenn du auf dem Rollstuhl sitzt. Nicht, wenn du dich nicht mehr aus dem Bad heben kannst. Sondern jetzt, wenn du noch fit bist. Dann kannst du ruhig planen, dich informieren, Fördermittel beantragen, die besten Anbieter finden. Ein Umbau ist kein Notfall. Er ist eine Investition in deine Zukunft - und je früher du anfängst, desto günstiger und entspannter läuft er.